Barrierefreiheit - Was? Warum? Für wen?

 

Per Gesetz gibt es bestimmte Vorgaben zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik.

Aber was ist das Ziel?

Menschen mit Einschränkungen und Behinderungen sollen mit allen Menschen gleichgestellt sein. Egal welche/s Alter, Geschlecht, Herkunft, Beeinträchtigung (permanent, temporär oder situativ) sowie in welchen Kontext (physisch und sozial) sich Menschen befinden, sollte eine möglichst einfache Zugänglichkeit eine Selbstverständlichkeit sein! 

 

 

Mythen zu Barrierefreiheit

"Es betrifft nur Wenige"

...ca. 15% der Weltbevölkerung lebt mit Behinderungen!

 

"Behinderte nutzen keine Websites"

...unzählige Einschränkungen wie Farbenblindheit, motorische Störungen etc. halten Benutzer nicht ab, Webseiten wie jeder andere zu nutzen!

 

"Barrierefreiheit ist nur für Behinderte"

...jeder hat einen Nutzen davon!

 

"Barrierefreiheit kostet zu viel"

...nicht, wenn man das Projekt von Anfang an so plant!

 

"Barrierefreiheit lässt sich später hinzufügen"

...bei manchen Features müsste komplett neu konzipiert werden!

 

"Barrierefreiheit besteht nur aus Farbkontrast und Alternativtexten"

...Die Grundstruktur, das Designkonzept, die technische Umsetzung und die Inhalte müssen entsprechend gestaltet sein!

 

"Barrierefreiheit ist zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen"

...Benutzerfreundlichkeit (User Centered Design) bezieht sich auf alle Nutzer!
 

 

 

Fakten zur Barrierefreiheit

4 Kernprinzipien der Barrierefreiheit

 

  • Bedienbarkeit
  • Benutzerfreundlichkeit
  • Wahrnehmbarkeit (visuell + technisch)
  • Verständlichkeit 

 

Diese Kernprinzipien bestimmen Richtlinien und Erfolgskriterien für die anzustrebende Barrierefreiheit. Sie beziehen sich bei einer Anwendung/einer Website auf Konzeption, Design, technische Umsetzung und Inhalte.

 

 

Wichtigste Barrierefreiheit-Merkmale, die auch für Online-Shops gelten:

 

Inhalte
 

  • Eine einfache Sprache ergibt guten Content, der von jedem verstanden werden kann. 
  • Zeilenlängen und verständliche Formulierungen
  • Eindeutige Texte und Verlinkungen
  • Bilder: korrekte technische Einbindung mit Alternativtexten und Tooltips
  • Passende Icons erleichtern die Bedienbarkeit und Verständlichkeit
  • Logik/Hierarchie der Inhalte, insbesondere bei Überschriften

 

 

Technik

 

  • Globaler Code
  • Tastatur-Bedienbarkeit ist ausreichend, eine Maus ist nicht notwendig
  • Jede Seite sollte bestimmte Inhalte enthalten. Diese müssen in bestimmter Reihenfolge geschrieben sein
  • Tabellen sollten mit bestimmten Attributen eingesetzt werden
  • Steuerelemente müssen technisch korrekt aufgebaut und mit Hilfsmitteln bedienbar sein
  • Sensorische Alternativen ermöglichen eine gute Bedienbarkeit auch ohne visuelle Elemente
  • Formulare müssen mit bestimmten Elementen verwendet werden
  • Skalierbarkeit (responsive für unterschiedliche Geräte)
  • Plattformunabhängigkeit (Displays wie Braille-Zeilen)
  • Barrierefreie PDFs

 

 

Bedienung

 

  • Medien und Animationen müssen kontrollierbar und steuerbar sein
  • Audio- und Videoinhalte sollten auch als Text zur Verfügung stehen
  • Mobile und Touch-Bedienung muss möglich sein
  • Menüstruktur muss klar verständlich sein
  • Einfache Sprache zur schnellen Erfassung der Inhalte auch für Menschen mit wenig Deutschkenntnissen
  • Hilfestellungen bei erforderlichen Eingaben, z.B. durch sinnvolle Hinweise, Bedienerklärung per Video

 

 

Barrierefreiheit - Wer fordert das?

Neben der Höflichkeit verpflichten Gesetze laut EU-Richtlinie (EAA) und der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) bereits seit einigen Jahren öffentliche Stellen in Deutschland dazu, ihre elektronisch zur Verfügung gestellten Informationen und Verwaltungsabläufe für Menschen mit Behinderung zugänglich und nutzbar zu gestalten

 

Nun wird die digitale Barrierefreiheit in Zukunft auch für private Unternehmen verbindlich: Am 22. Juli 2021 beschloss der Bundestag das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), womit die EU-Richtlinie umgesetzt wird. Das Gesetz betrifft dann neben öffentlichen Stellen auch Produkthersteller, Händler und Dienstleister. 
Jeder Onlineshop (ausgenommen Kleinstunternehmen) in der EU muss ab 2025 für Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen maximalen Nutzen bringen. Dies gilt für Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28.06.2025 in den Verkehr gebracht werden. Es macht also Sinn, sich bereits jetzt damit zu beschäftigen und eventuell Schritt für Schritt den Shop umzustellen.
Grundsätzlich betrifft das Thema Barrierefreiheit alle, mit wenigen Ausnahmen, deren Website zu einem Großteil aus öffentlichen Geldern finanziert werden.

 

 

Barrierefreiheit: für wen ist das?

Barrierefreiheit ist nicht für diese oder jene Gruppe mit bestimmten Einschränkungen, sondern für jede Gruppe!

 

Ziele der Benutzer/innen

 

Oft werden Benutzer/innen in bestimmte Zielgruppen sortiert, denen man bestimmte Eigenschaften/Kenntnisse zuordnet. Menschen mit Einschränkungen würde man dann als Blinde, Gehörlose, Gelähmte etc. einordnen und bestimmte Fähigkeiten annehmen.

Im Sinne der Barrierefreiheit könnte der Ansatz jedoch ein anderer sein: ein Benutzer hat ein bestimmtes Ziel. Z.B. möchte er eine bestimmte Information erhalten oder in einem Shop einen Kauf tätigen. 

Diese Ziele sind unabhängig vom Alter, den Kenntnissen, den Fähigkeiten oder den eingesetzten Hilfsmitteln der Benutzer/innen. Sowohl das Design als auch die technische Umsetzung muss also barrierefrei sein, um jedem die selbständige Erreichung seiner Ziele zu ermöglichen.

Für eine gute Usability einer Software oder Website ist „Unabhängigkeit“ das Stichwort und bezieht sich sowohl auf persönliche Einschränkungen als auch eventuell eingesetzte Software oder Hardware. 

 

 

Gute Gründe für die Barrierefreiheit

Man erreicht einfach mehr Menschen, denn es betrifft ALLE Menschen und ihre Bedürfnisse:
egal welches Alter, Geschlecht, Herkunft, Beeinträchtigung (permanent, temporär oder situativ) sowie in welchem Kontext (physisch und sozial) sie sich befinden.
Bsp. Sehsinn: von Geburt an blind/von der Sonne geblendet/altersweitsichtig
Bsp. Hörsinn: gehörlos/schwerhörig/Baustellenlärm

 

Die Vorteile einer barrierefreien Website für den Betreiber sind klar:

 

  • Vergrößerte Zielgruppe
  • Imagegewinn
  • Leichtere Pflege
  • Kürzere Ladezeiten
  • Bessere Auffindbarkeit in Suchmaschinen. Das Ranking ist auch von der Nutzerfreundlichkeit abhängig. 
  • Bessere Bedienbarkeit/Lesbarkeit auf mobilen Geräten
  • Mögliche Fördermittel

 

 

Barrierefreiheit testen

Es gibt einige kostenlose und -pflichtige Tools, mit deren Hilfe jeder seine bestehende Website oder Anwendung auf Basisanforderungen testen kann, z.B. WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool) oder das Browser-Plugin Siteimprove Accessibility Checker. Für eine qualitative Bewertung der Verständlichkeit und Bedienbarkeit sollte idealerweise durch Menschen erfolgen. 

 

Links zum Thema:

 

 

 

 

Ingeborg Reinhardt

UI/UX-Designerin bei eyeworkers
kontakt@eyeworkers.de
+ 49 721 183960